Von einer ernsthaft kritischen Diskussion in den Ausschüssen und Stadträten der drei Städte Balve, Menden und Hemer kann bislang keine Rede sein. Tatsächlich zeichnet sich hier der endgültige Ausverkauf des Hönnetals ab. Kurzfristig geht es um eine Vertiefung des Steinbruchs Asbeck. Was langfristig zu erwarten ist, der fortgesetzte Abbau in der Fläche, sprengt jede Vorstellungskraft. Schon jetzt sind die Eingriffe in die Landschaft des Hönnetals gigantisch. Das wird anscheinend schulterzuckend zur Kenntnis genommen.
Kalk mit seinem Folgeprodukt Beton ist einer der übelsten Klimakiller weltweit. Prozessbedingt wird bei der Kalkbrennerei mehr als 50% des Rohstoffgewichtes als Co2 freigesetzt. Lhoist will dem Negativimage des Rohstoffs durch nachträgliche Co2-Abscheidung und -versenkung (CCS) entgegenwirken – ein hoch umstrittenes Verfahren. Der PR-Einsatz, um sich via CCS ein grünes Mäntelchen umzuhängen, ist enorm – vgl. hier.
Gedanken zum Thema Kreislaufwirtschaft und Verwertung von Sekundärrohstoffen als Alternative zum fossilen Kalkabbau werden allenfalls angedeutet. Ansätze zu einer alternativen, tatsächlich „grünen“ Kalkproduktion bleiben undiskutiert.
Lhoist – eine Tradition im Hönnetal?
Der Konzern, der sich als Traditionsunternehmen im Hönnetal verkauft (treffender wäre wohl: „Tradition der Zerstörung des Hönnetals“), plant nicht nur die Arrondierung und Vertiefung seines gigantischen Steinbruchs Asbeck in den nächsten 10 Jahren, sondern sieht dies lediglich als „Zwischenlösung“ an. Wenn die Maßnahmen abgeschlossen und die Vorkommen ausgebeutet sind, ist völlig klar: Der Konzern wird in die Breite gehen. Denn die Vertiefung „kann keine Versorgung mit Rohstoffen über die gesetzlich avisierten 35 Jahre sicherstellen.“ Genau dies ist aber laut Lhoist notwendig, wenn „zukunftsfähige Investitionen in den Standort“ erfolgen sollen.
Konkret bedeutet das: Der demnächst vollautomatisierte Kalkabbau gefährdet das Grundwasser, entvölkert den Standort Eisborn, zerstört die Landschaft des Hönnetals, gefährdet den Tourismus und schadet dem Klima. Die Arbeitsplätze – früher über 2000, jetzt unter 200 – nehmen durch Automatisierung ohnehin immer mehr ab.
Arbeitsplätze bei Lhoist
Jeder einzelne Arbeitsplatz im Hönnetal ist wichtig und muss bestmöglich geschützt werden. Arbeitsplätze bei Lhoist sind jedoch kein Selbstzweck. Zitat Lhoist: „Um die Zukunft der rund 200 Arbeitsplätze im Hönnetal zu sichern, brauche es den gesicherten Zugriff auf das Kalksteinlager für Jahrzehnte, so Flügge.“ Es kann aber nicht sein, dass der Erhalt von Arbeitsplätzen als Begründung für die klimaschädliche Zerstörung eines ganzen Landstrichs herhalten muss.
Nach Abschluss aller Vorhaben bleibt für das Hönnetal keine Perspektive, nur zerstörtes Land. Der Verlust des „Touristenmagnets blaue Lagune“ dürfte dabei das kleinste Problem sein.
Blick über den Tellerrand
Im Ergebnis endet das Hönnetal als riesiger Steinbruch. Nicht nur das Beckumer Feld, auch die Deilinghofer Hochfläche wird langfristig abgebaut. Alles das wurde ja längst offen angekündigt.
In diesem gewaltigen Steinbruch bleiben noch ein paar absurde Felsfassaden, die sieben Jungfrauen und der Uhu-Felsen. Und mittendrin eine Burg: Die Burg Klusenstein als Fanal einer verfehlten Landespolitik. Was vor 100 Jahren verhindert wurde, der Ausverkauf des Hönnetals, wird durch Lhoist vollendet.
Ein simples „weiter so“, eine Fortsetzung der Salamitaktik, kann es in punkto Kalkabbau nicht mehr geben. Wer nachfolgenden Generationen diese Entwicklung ersparen will, muss heute handeln. Notwendig ist ein Blick über den eigenen Horizont hinaus: Was hinterlassen wir der Nachwelt?
Weiter investieren?
Der Lhoist-Konzern sollte endlich die Konsequenzen ziehen und auf die geplanten großen Investitionen in den Standort Hönnetal verzichten, auch im eigenen Interesse. Die angerichteten Schäden lassen sich ohnehin nicht reparieren im Sinne einer Rekultivierung.
Einen konfliktfreien Betrieb wird der Konzern in diesem dicht besiedelten und kulturell hoch aufgeladenen Landstrich niemals erleben. Hier gibt es nur eine sinnvolle Entscheidung: Rückzug aus dem Hönnetal.